Es ist schon erstaunlich. Kaum übertritt man die Grenze vom Iran nach Turkmenistan (selbstverständlich nicht ohne vorher einen Stempel-Spiessrutenlauf absolviert zu haben) ändern sich die Gesichter der Menschen. Plötzlich sind da ganz klar asiatische Züge zu erkennen, welche im Iran noch nicht vorhanden waren. Und die Beamten tragen Hüte. Grosse Hüte. Die ehemalige Sowjetunion hat ganz klar ihre Spuren hinterlassen. Im Konvoy mit ein paar Schweden fuhren wir von der Grenze Richtung Ashgabat. Das Radio eingestellt auf den turkmenischen Staatssender, welcher frohen Mutes verlautete (in koloriertem Englisch), wie produktiv das Land in der letzten Wochen war. Dazwischen pompöse Marschmusik. Mit solch einer musischen Kostprobe rollten wir also in Ashgabat ein. Die Surrealität unserer Einfahrt ist kaum in Worte zu fassen. Die Stadt spottet jeder Beschreibung. Der Asphalt ist so glatt, dass bei jeder Kurve die Pneus vor sich hin quietschen. Und überall ist Marmor, soweit das Auge reicht. Jedes Gebäude, jeder Palast, einfach alles ist in weissen Marmor eingekleidet. Und wie es sich für eine Wüstenstadt gehört sind überall Wasserspiele installiert, welche das kostbare Gut dekadent versprühen. Es ist kein Schmutz weit und breit zu sehen. Selbst die Autos und Busse glänzen in einem leuchtenden Weiss, dass jeder Wäschemittelhersteller neidisch werden würde. An jeder Kreuzung steht genau ein Polizist mit einem grossen Teller auf dem Kopf und schaut gelangweilt dem Verkehr zu. Irgendwie wirkt alles so inszeniert. Es macht fast den Anschein, als ob selbst die Leute auf den Strassen nur des Stadtbildes wegen da sind. Sozusagen angestellte Protagonisten. Um das ganze Weiss der Stadt etwas mit Farbe zu unterstützen, schweben ungefähr vier Fünftel aller Frauen anmutig in wunderschönen, farbenfrohen, bodenlangen, robenartigen Kleidern über die Strassen. Es ist Bild für die Götter und kaum fassbar. Ashgabat ist der real gewordene Traum nach Perfektion eines Egomanen. Doch irgendwie ist das Ganze so komisch schön.
Entfernt man sich von Ashgabat wird man jedoch hart auf den löchrigen Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der feine Asphalt ist weg und die Strassen haben Bodenwellen und Löcher so gross, dass wir fast unser Auto darin parken könnten. Eine Mondlandschaft. Unser Unterboden und Fahrgestell wurde massivst in Anspruch genommen. In der Mitte von Turkmenistan fanden wir zwar den Abzweiger zum Tor zur Hölle, mussten danach jedoch klein beigeben. Mit unserem professionellen Rallywagen war einfach kein Blumentopf zu gewinnen auf den sandigen Trampelpfaden. Des einen Leid ist des anderen Freud. Ein findiger Nomade hat seine Jurte gleich beim Abzweiger aufgebaut und fährt gestrandete Touristen mit seinem 4×4 für 40$ zum brennenden Loch und zurück. Das Tor zur Hölle ist ein Krater, welcher vor 27 Jahren bei Probebohrungen explodierte und seither brennt. Tag und Nacht. Ohne Pause. Wirklich eindrücklich anzusehen, vor allem in der Nacht, wenn das lodernde Feuer schon von weitem sichtbar ist.
Nun befinden wir uns auf dem letzten Teilstück bis zur usbekischen Grenze. Und wir werden nur so durch den Fahrgastraum gewirbelt. Strasse kann man diese Buckelpiste nicht mehr nennen. Es ist ein mühsames Vorwärtskommen mit dreissig Stundenkilometern und Schlägen auf Fahrgestell, Unterboden und uns. Autsch, das hat wiedermal gesessen.