Kurz vor der iranischen Grenze entschlossen wir uns doch noch dazu unseren Auspuff neu schweissen zu lassen, denn selbst im Standgas hatten wir eine Lautstärke, dass man uns fast bis Teheran hören konnte. Mit neuem Auspuff fuhren wir also geputzt und gestriegelt beim südlichen Grenzübergang von der Türkei in den Iran vor. Der Übertritt war dann eine sehr kurze Sache. Da ein Stempel, dort ein Stempel, hier eine Hand geschüttelt, dort ein Witz zum Besten geben, die Frage „Alcohol? Big problem in Iran!“ souverän verneint und schon waren wir drinnen. Drinnen im sagenumwobenen und wirtschaftlich boykottierten Iran. Was sofort auffällt ist die unglaubliche Freundlichkeit der Iraner! Wir können eigentlich keinen Meter zurücklegen ohne, dass uns zugewunken, zugerufen und wir im Iran willkommen geheissen werden. Jeder möchte uns einmal die Pfoten schütteln.
In der Nacht des ersten Tages trafen wir in Tabriz ein. Man muss dazu sagen, dass das Fahren auf iranischen Strassen bei Tage kriminell ist, das Fahren in der Nacht jedoch fast suizidal. Nicht der Zustand der Strassen ist das Problem, denn diese sind in einem sehr guten Zustand, sondern die anderen Verkehrsteilnehmer. Es wird gefahren wie es gerade passt und Licht wird selbst in der Nacht sehr spärlich eingesetzt. Müde und erschöpft checkten wir schiesslich ins Hotel ein und packten unsere sieben Sachen aus. Und siehe da, da kam doch tatsächlich noch ein Bier zum Vorschein. Ups. Naja, geschmeckt hat es. Während des Essens wurden wir von einem jungen Iraner mit mässigem Englisch angesprochen, ob er uns mitnehmen dürfe in den Park Shah Golü, welcher während des Ramadans sehr gut besucht sei. Und schon sassen wir in seinem Gefährt. Ein uralter Renault R5 an welchem nichts, aber auch rein gar nichts mehr ganz war. Kupplung im Eimer, hackende Schaltung, gurgelnder Anlasser, verbeulte Karosserie und ein Tank, welcher während der Fahrt mit Benzin aus einem Kanister versorgt werden musste. Doch das Ding fuhr. Im Park lernten wir dann schliesslich was „good girls“ (Keine Haare zu sehen und die Arme bis mindestens zum Handgelenk bedeckt) und was „bad girls“ (Haare sichtbar, Handgelenke sichtbar) sind. Was uns besser gefiel mag der geneigte Leser selbst schlussfolgern.
In Tabriz besuchten wir tags darauf noch schnell den Bazar (Unesco Weltkulturerbe) und weiter gings zum Kaspischen Meer. Der Weg führte uns durch eindrückliche staubtrockene hügelige Wüstenlandschaften, welche unsere Klimaanlage so ziemlich an den Anschlag brachte (Danke an dieser Stelle an Peter von der Garage Weibel AG in Landquart für die Reparatur), Richtung Meer. Ganz in der Tradition unseres Zeitmanagements, beanspruchte die Fahrt wieder einmal viel mehr Zeit als gedacht. Dementsprechend trafen wir wieder erst um 11 Uhr in der Nacht in einer Stadt am Meer ein. Müde und ohne genügend Rial in der Tasche war unsere Stimmung eher am Boden. Doch dann überholte uns ein Auto gefüllt mit Youngstern aus Teheran. Wie man es so macht in Iran unterhielten wir uns, während der Fahrt selbstverständlich, durchs Fenster und es stellte sich heraus, dass sie gerne ein Foto mit uns machen möchten. Warum auch nicht. Also den jungen Teheranern gefolgt und Foto gemacht. Ende der Geschichte. Nein, nicht im Iran. So gastfreundlich wie sie halt sind, organsierten die Jungs und Mädels (bad girls) kurzerhand noch eine Fahrt durch die sumpfigen Randgewässer des Kaspischen Meeres mit zwei Schnellbooten. Willkommen im neuen, jungen Iran. Vieles ist möglich und es scheint, die Jugend weiss ganz genau, was sie sich erlauben kann und was nicht. Fotos mit Frauen an einem abgelegenen Ort geht in Ordnung. Die Frauen per Händedruck zu verabschieden ist zuviel. Es ist ein schmaler Grat, welcher, so scheint es, durch die iranische Jugend langsam breitgetrampelt wird. So verwundert es auch nicht, dass nach Alkohol in dieser Nacht nicht lange gesucht werden musste.
Nun sind wir in Teheran in einem Hotel mit läppischen fünf Sternen eingetroffen und sind gespannt wie es im modernen Iran zu und her geht.